Mittwoch, 3. Mai 2023

Au-Delà Des Pistes, eine französische Erfolgsgeschichte

1.000 Ex-Galopper vermittelt

Alix-Choppin ©OlivierHoudart

 

Die Frage, was mit Rennpferden passiert, die nicht mehr laufen können oder wollen, beschäftigt verantwortlich Denkende im Galopprennsport seit vielen Jahren. In Frankreich haben sich mehrere Organisationen etabliert, die sich den außergewöhnlichen Fähigkeiten eines Vollblüters bewusst sind und hervorragende Arbeit bei Rekonvaleszenz, Umschulung und Vermittlung der Pferde leisten. Eine herausragende Position nimmt die Organisation Au-Delà Des Pistes (ADDP) ein, die über ein imposantes Netzwerk verfügt, mit großem Fachwissen glänzt und mit Leidenschaft für die Vollblüter neue Standards in Sachen Ex-Rennpferde setzt.

Susanne L. Born sprach mit Alix Choppin, Vizepräsidentin von ADDP


Au-Delà Des Pistes wurde im Jahr 2016 gegründet. Glauben Sie, dass Sie im Laufe der Zeit Anerkennung erfahren haben und wie messen Sie diese?
 
Ja, die Anerkennung, die Au-Delà Des Pistes (ADDP) erfährt, hat seit der Gründung zugenommen. Wir glauben, dass dies auf zwei wichtige Faktoren zurückzuführen ist: Zum einen auf die Veranstaltungen, die wir durchführen, um die Vielseitigkeit von Vollblütern abseits der Rennbahn zu demonstrieren, z. B. die "Retrained Racehorse Days", die wir auf mehreren Rennbahnen organisieren, oder die Vorführungen, die wir auf der Reitsportmesse Equita Lyon angeboten haben; zum anderen auf die große Reichweite, die wir diesen Veranstaltungen dank unserer Berichterstattung in den sozialen Medien verleihen.

 
Wie ist das Prozedere der Vermittlung? Wie wählen Sie die richtige Person für das richtige Pferd aus?
 
Der typische Prozess sieht folgendermaßen aus: ADDP, oder genauer gesagt Clotilde de Barmon, die für die Vermittlung von Pferden zuständig ist, wird von einem Trainer oder Besitzer kontaktiert, der ein Pferd aufgrund von Verletzungen, Alter oder mangelnder Leistung in den Ruhestand schicken möchte. Clotilde sammelt alle nützlichen Informationen über das Pferd: Alter, Art der Verletzung, Prognose, Dauer der empfohlenen Boxen- bzw. Paddockruhe, Standort usw. Dann wird der Vermittlungsantrag an alle Umschulungseinrichtungen des ADDP-Netzes weitergeleitet, und das Pferd wird der Einrichtung zugewiesen, die die Anforderungen des Pferdes am besten erfüllen kann - einige Einrichtungen bzw. Reitsportanlagen mit großen Paddocks sind beispielsweise auf rekonvaleszente Pferde spezialisiert, während andere sich eher auf die Umschulung für Vielseitigkeit, Horseball oder Freizeitreiten konzentrieren. Wir bemühen uns auch, die Wege, die jedes Pferd zurücklegen muss, so kurz wie möglich zu halten, insbesondere bei verletzten Pferden.

Sobald die Pferde untergebracht sind, greift ADDP nicht mehr in den Umschulungsprozess und die Weitervermarktung ein. Wir legen jedoch großen Wert darauf, dass die Verantwortlichen in der Lage sind, jedes Pferd korrekt einzuschätzen, die bestmögliche Übereinstimmung mit dem künftigen Reiter zu finden, und gegebenenfalls einen potenziellen Käufer abzulehnen, weil er oder sie nicht über die nötigen Fähigkeiten oder das nötige "Gefühl" für ein bestimmtes Pferd verfügt.  

Wie kommen Menschen, die sich für ein bestimmtes Pferd interessieren, auf Sie zu? Sie sind ja sehr präsent in den sozialen Medien.
 
Wer sich für den Kauf eines umgeschulten Vollblüters interessiert, wendet sich direkt an die Umschulungsställe, die die Pferde nach ihrem Ausscheiden aus dem Rennsport betreuen. Und ja, sie tun dies meist über die sozialen Medien. Dann probieren sie das Pferd aus, und wenn sie zufrieden sind und man der Meinung ist, dass die Reiterin oder der Reiter gut zu dem Pferd passt, unterschreiben sie einen Vertrag, der vom ADDP-Anwalt aufgesetzt wurde. Es gehört zu den Verpflichtungen, die die Umschulungsbetriebe eingehen, wenn sie dem ADDP-Netzwerk beitreten, dass sie niemals ein Pferd ohne Vertrag verkaufen dürfen, da dies ein wichtiges Instrument ist, um die Rückverfolgbarkeit der Pferde zu gewährleisten und sie zum Beispiel im Falle von Misshandlungen zu schützen.
 
Wie lange bleibt ein Pferd in der Umschulung, bevor es ein neues Zuhause findet?
 
Das hängt stark von den Gründen ab, warum das Pferd in den Ruhestand versetzt wurde. Wenn es als "gesund, aber langsam" in den Ruhestand versetzt wurde, kann der Umschulungsprozess fast sofort beginnen und dauert in der Regel mindestens einen Monat. Wenn das Pferd eine lange Rennkarriere hinter sich hat, braucht es etwas Ruhe und "Dekonditionierung", bevor es für eine andere Disziplin umgeschult werden kann, was mindestens ein paar Monate dauert. Im Falle eines verletzungsbedingt ausgemusterten Pferdes gibt die tierärztliche Akte Aufschluss darüber, wie lange das Pferd in der Box bleiben muss, wie lange es auf einem kleinen Paddock stehen muss, dann an der Hand geführt wird usw. Pferde mit einer Fraktur oder einer schweren Sehnenentzündung benötigen oft sechs bis zwölf Monate, bevor sie wieder geritten werden können.

Nehmen Sie ein Pferd zurück, wenn etwas mit dem neuen Besitzer schief geht? Wem gehört das Pferd, nachdem es abgegeben wurde?
 
ADDP ist niemals Eigentümerin der Pferde. Das Eigentum geht zunächst vom ursprünglichen Besitzer auf die Umschulungseinrichtung über. Diese übernimmt dann die gesamte Umschulungsarbeit, für die spezifische und qualifizierte Fähigkeiten erforderlich sind. Wenn das Pferd verkauft wird, — je nach Profil und Potential kostet es zwischen 1.500 und 3.000 Euro —, unterzeichnen beide Parteien einen Vertrag, in dem sich der Käufer verpflichtet, sich an ADDP zu wenden, falls er in finanzielle Schwierigkeiten gerät oder das Pferd nicht mehr halten kann. Es handelt sich um ein "Sicherheitsnetz", das während des gesamten Lebens eines Vollblüters gilt. Bei Streitigkeiten über ein Pferd, z. B. wenn der Käufer behauptet, der Verkäufer habe ihm etwas vorenthalten, gilt das Vertragsrecht. Wir bieten auch Rechtsbeistand oder Mediation für die Umschulungseinrichtung an, und die meisten Streitigkeiten werden gütlich beigelegt.  
 
 
Der frühere Besitzer des Rennpferdes könnte an der Karriere des Pferdes interessiert sein. Kann er oder sie weiterhin Informationen über das Pferd erhalten?
 

In der Tat sind einige von ihnen daran interessiert, von ihren ehemaligen Schützlingen zu hören. Wir schicken ihnen Fotos und Nachrichten aus den ersten Tagen der Umschulung und Unterbringung des Pferdes, und sie können dessen Werdegang dann über unsere sozialen Medien verfolgen. Einige setzen sich sogar mit dem späteren Käufer in Verbindung, die sozialen Medien ermöglichen diese Nähe!

 
Zur Finanzierung: Wie viel kostet die Umschulung eines Pferdes im Durchschnitt?
 
Auch hier kommt es auf die Situation des Pferdes an, als es in den Ruhestand versetzt wurde. Am teuersten ist die Zeit, in der das Pferd Boxenruhe, tierärztliche Behandlungen und Pflege benötigt. All dies ist kostspielig, weshalb die Umschulungseinrichtungen diese Pferde nicht aufnehmen würden, wenn ADDP sie nicht finanziell unterstützen würde. Durch unsere Vereinbarung mit France Galop erhält jedes verletzte Pferd, das in einer unserer Einrichtungen untergebracht ist, jeden zweiten Monat 300 Euro. Wir übernehmen auch einige tierärztliche Untersuchungen, wenn sie nicht auf dem Trainingsplatz durchgeführt werden können, sowie die Transportkosten für die verletzten Pferde.
 
Wie viel zahlt France Galop an ADDP? Zieht France Galop einen bestimmten Prozentsatz von den Konten der Besitzer ab?
 

Über den oben beschriebenen Mechanismus zahlt France Galop jährlich 135.000 Euro an ADDP. Der größte Teil dieses Betrags ist Geld, das von ADDP im voraus an die Umschulungsbetriebe gezahlt wird und dann von France Galop an ADDP zurückerstattet wird. Es handelt sich nicht um einen prozentualen Anteil an den Konten der Besitzer/Trainer/Züchter/Jockeys, obwohl der Betrag schätzungsweise 0,1 % des gesamten Preisgeldes ausmacht.

Wie viele Pferde haben Sie seit 2016 in ein neues Zuhause vermittelt? 

 
Wir gehen davon aus, dass wir bis Ende dieses Jahres mehr als 1.000 Pferde vermittelt haben werden.

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